"Ich mache das aus der Überzeugung heraus, anderen Menschen zu helfen"

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Justin, Auszubildender als Fachkraft für Lagerlogistik

Wenn sein Pieper geht, dann räumt Justin bei der Arbeit blitzschnell auf, meldet sich bei seinem Vorgesetzten ab und rennt zu seinem Auto. Jetzt geht es um Sekunden. Schon wenig später sitzt er mit seinen Kameraden im Feuerwehrfahrzeug auf dem Weg zum Einsatzort. „Das kann auch schon mal häufiger pro Woche passieren“, sagt er. Seit seinem zehnten Lebensjahr ist er bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv. Was anfangs Spiel war, ist heute ernsthafte Routine, die Leben retten kann. Dafür opfert er viel freie Zeit. „Feuerwehr ist immer Teamarbeit, allein kannst du nichts reißen“, sagt er. „Genauso wie hier bei Schnellecke.“

 

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Du hast ein ganz besonderes Hobby …  

Ich bin in der freiwilligen Feuerwehr Stadtmitte Wolfsburg aktiv.

Wann hast du die freiwillige Feuerwehr für dich entdeckt und wie kam es dazu? 

Das war schon relativ früh – bereits mit zehn Jahren bin ich zur Jugendfeuerwehr gegangen. Mit 16 Jahren hat es mich dann in die aktive Feuerwehr gezogen. Im Grunde hat alles mit meinen Freunden angefangen, die bereits in der sogenannten Kinderfeuerwehr aktiv waren und mich dadurch einfach neugierig machten. 

Kannst du uns den Unterschied zwischen Kinder- und Jugendfeuerwehr etwas näher erklären? 

Bei der Kinderfeuerwehr werden auf spielerische Art und Weise kleine Szenarien kreiert, in denen man die Jüngsten an die Grundzüge des Hilfsdienstes heranführt. Bereits hier durften wir unsere eigenen Uniformen tragen. 

Ab der Jugendfeuerwehr werden die Aufgaben und Zusammenhänge immer komplexer und es geht ernsthafter zu. Man übt beispielsweise für Wettbewerbe, wo man sich zunächst auf regionaler Ebene misst. Qualifiziert man sich durch gute Leistungen, kann man sein Können in Landeswettbewerben gegen deutschlandweite Feuerwehren unter Beweis stellen. 

Was sind denn typische Wettbewerbsaufgaben und wie läuft das ab? 

Die Übungen sind vielfältig. Über das Ein- und Ausrollen des Schlauchs, das Anschließen von Schläuchen an Verteilersysteme, das Bezwingen von Kletterwänden bis hin zum generellen Hindernislauf ist alles dabei. Generell gibt es eine Zeitvorgabe, die an einen bestimmten Ablauf für die Übungen gebunden ist. Der von der Leitung vorgegebene korrekte Ablauf wird dann einmal gezeigt. Neben der Zeit entscheidet ein zusätzliches Punktesystem, welches Team am Ende der Gewinner ist. 

Ab wann ist der Übergang zur aktiven, freiwilligen Feuerwehr möglich? 

Ab dem Alter von 16 Jahren kann man zweigleisig fahren: Man darf sowohl an der aktiven Feuerwehr als auch (bis zu seinem 18. Lebensjahr) an der Jugendfeuerwehr teilnehmen. 

Dort beginnt quasi der Ernst, weil man auf reale Einsätze mitgenommen wird. Zwar wird man noch nicht mit komplexen Aufgaben betraut oder mit belastenden Situationen konfrontiert, aber irgendwann muss es ja losgehen, wenn man eine aktive Rolle in der Feuerwehr einnehmen möchte. Bei einem Verkehrsunfall beispielsweise wird man als Jugendlicher sicher nicht in die erste Reihe geschickt. Beim Keller auspumpen nach einem schweren Gewitter sieht die Sache dann unter Umständen schon ganz anders aus.  

Ab 18 kommt dann noch die Brandbekämpfung ins Spiel: Mit den diversen Aus- und Weiterbildungen ist es einem ab diesem Zeitpunkt gestattet, selbst Brandlöschungen vorzunehmen.

 

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Wo liegen die Unterschiede zwischen freiwilliger und Berufsfeuerwehr? 

Tatsächlich kann ein freiwilliger Feuerwehrmann dieselben Aus- und Weiterbildungen machen wie der Berufsfeuerwehrmann. Der Berufsfeuerwehrmann hat im Gegensatz jedoch eine 2-jährige Ausbildung absolviert. Er ist viel flexibler, stets abrufbereit, schneller und agiert durch stetiges Üben einfach professioneller. 

Wie viel Zeit investierst du in die Feuerwehr? 

In der Regel stecke ich vier bis sechs Stunden pro Woche rein - die Einsätze sind hier noch nicht berücksichtigt. Das bezieht sich beispielsweise auf Übungseinheiten, Sitzungen oder Fortbildungen. Auf das Jahr gesehen gibt es zwar auch freie Wochen und Zeiten, in denen dich jemand vertritt. Aber am Ende des Jahres komme ich gut und gerne auf über 220 Stunden. 

Und dazu kommen dann noch die Einsätze - auch am Wochenende? 

Genau. Generell ist es ein 24-Stunden-Job - ständig und eben auch am Wochenende oder in der Nacht. Es kommt auch vor, dass ich während der Arbeitszeit zu einem Einsatz gerufen werde. 

Kommt das öfter vor? 

Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt die schlimmen Wochen und es gibt die ruhigen Wochen. In schlimmen Wochen kann es vorkommen, dass ich jeden Tag zwei Mal ausrücken muss, während ich in ruhigen Wochen zu gar keinem Einsatz gerufen werde. Das muss nicht zwangsläufig während der Arbeitszeit sein, kann aber durchaus passieren. Schließlich nehmen Unfälle oder Unglücke keine Rücksicht auf die Arbeitszeiten der Helfer. 

Wie geht Schnellecke mit dieser Situation um? 

Zu allererst habe ich natürlich die Problematik geschildert. Meine Ausbildungsbetreuerin hatte von Anfang an Verständnis und meinte, dass Schnellecke Ehrenämter generell fördert. Eine verantwortungsbewusste Absprache vorausgesetzt, war mein Einsatz in der freiwilligen Feuerwehr bislang nie ein Problem oder Hindernis im Arbeitsalltag.  

Klar ist aber auch: In der Ausbildung fällt dem Arbeitgeber diese Flexibilität sicherlich leichter, als wenn man als gelernte Fachkraft im täglichen Betriebsablauf eingeplant ist und eine gewisse Verantwortung im Unternehmen trägt. Das ist mir durchaus bewusst. 

Bekommst du für deinen Einsatz eine Aufwandsentschädigung oder Ähnliches? 

Der Arbeitgeber bekommt einen Verdienstausfall, wir als Freiwillige jedoch nicht. Ich mache das schlicht aus Überzeugung und Interesse anderen Menschen helfen zu können. Uniformen oder Einsatzausrüstung, um nur zwei Beispiele zu nennen, muss ich natürlich nicht selbst bezahlen. 

Wie muss man sich den Ablauf vorstellen, wenn etwas passiert? 

Ich habe immer einen Pieper dabei, auf dem der Alarm eingeht. Entweder bestätige ich, dass ich komme oder eben nicht. Es muss schließlich passen. Wenn ich beispielsweise zu weit von der Wache entfernt bin, macht es zeitlich gesehen einfach keinen Sinn. 

Doch wenn ich mein Kommen bestätige, springe ich in mein Auto und fahre zur Rettungswache. In meinen fünf Jahren der Einsatzbereitschaft habe ich schon einiges erlebt, was teils auch gefährlich war. Es ist schon gefährlich, wenn man sich ins Feuerwehrfahrzeug setzt und mit Blaulicht durch die Straßen fährt. Darüber hinaus besteht in Einsätzen unter Umständen auch hohe Gefahr durch Chemikalien, Brände, herunterfallende Gegenstände oder schweres Einsatzgerät. Hier ist stets Vorsicht geboten. 

Wenn du ein Wort dafür finden müsstest: Was ist die entscheidende Eigenschaft, die man in die freiwillige Feuerwehr mit einbringen muss? 

Ich würde „Teamfähigkeit“ sagen, denn in der Feuerwehr geht nichts alleine.